shopper studie 2017

Der POS – ein Auslaufmodell?

Bedeutung und Erwartung des Shoppers

Die aktuelle Situation des stationären Handels

Der stationäre Handel steht seit Jahren unter Druck. Obwohl er mehr als 90 % des gesamten Einzelhandelsumsatzes in Deutschland erwirtschaftet, verzeichnet auch der Onlinehandel großartige Zuwächse. Die Entwicklung zu einem bequemen Einkauf ist stark und wird durch vier Grundbedürfnisse gesteuert (siehe Stein Omnishopper-Studie):

  • Inspiration
  • Sicherheit
  • Convenience Shopping
  • Preisbewusstsein

Doch wer hat aktuell welche Bedeutung im Handel? Mehr als 20 Prozent der 1.550 befragten Verbraucher kauft wöchentlich im Onlinehandel ein und ca. 3 Prozent sogar täglich. Knapp zwei Drittel gehen monatlich (37 %), gelegentlich (29 %) oder zumindest einmal im Jahr (4 %) auf den virtuellen Shoppingtrip, nur 7 Prozent geben an, „Nie“ im Onlinehandel zu kaufen.

Und doch ist der stationäre Handel im täglichen Leben relevanter denn je, denn die persönliche Besuchsfrequenz ist in Branchen wie dem Lebensmitteleinzelhandel ungeschlagen. Im stationären Geschäft erledigen 12 Prozent der Studienteilnehmer ihren täglichen und 59 Prozent ihren wöchentlichen Einkauf. Weitere 27 Prozent tätigen ihre Einkäufe monatlich, gelegentlich oder zumindest einmal pro Jahr im Ladengeschäft.

Über alle Branchen hinweg sind Umsatzzuwächse in den letzten Jahren stärker im Onlinehandel zu erkennen, was neben der Bequemlichkeit auch durch die steigenden technologischen Möglichkeiten rund um das Shopping über mobile Geräte weiter befeuert wird. In wenigen Jahren werden die Digital Natives einen Großteil der Konsumenten darstellen und diesen Trend nachhaltig verstärken.

Vergleich Marktwachstum on- und offline Handel

 

Das Patentrezept für das Überleben des stationären Handels existiert nicht. Trotz des starken Wachstums im Onlinehandel verzeichnet auch der stationäre Handel weiter ein leichtes Wachstum. Dennoch ist Kreativität gefragt, gepaart mit Grenzenlosigkeit und Nähe zu den Bedürfnissen der Kunden. Um die Kunden von heute und auch der Zukunft anzusprechen, führt der Weg über das Einreißen bekannter Schranken und kanalübergreifendes und medial neues Denken. Doch das wird nur funktionieren, wenn der Händler sowohl seine Daten als auch seine Kunden versteht. Welches der o. g. Bedürfnisse in seinem Geschäft ist das stärkste? Danach richten sich die Maßnahmen am POS aus, wie Category Management oder neue Services. Außerdem ist zu bedenken, dass der Kunde von der Recherche bis zum Einkauf multimedial aktiv ist – der Handel jedoch noch nicht. Dennoch bietet der stationäre Handel bis heute Vorteile gegenüber dem Onlinehandel, die schwer digitalisierbar sind und genutzt werden sollten.

Die Macht des Konsumenten kennen

Dank vieler Technologien ist der Konsument oft bestens informiert und damit mächtiger als noch vor einigen Jahren. Die digitale Recherche gehört bei Anschaffungen zum Pflichtprogramm, der Preisvergleich war nie einfacher und das Angebot ist riesig sowie stets und ständig verfügbar. Der Shopper hat die Macht und gleichzeitig auch die Kontrolle, doch in einem Punkt kann der Handel weiterhin auftrumpfen. Denn Mehrwerte für Shopper und Händler sind gefragter denn je. Die Digitalisierung schafft für beide Möglichkeiten und verändert durch die technologische Entwicklung regelmäßig das Anforderungsniveau.

Wir empfehlen jedem Händler sich intensiv mit seiner spezifischen Shopper Journey auseinanderzusetzen. Zu verstehen wann, wie und warum ein Kunde zu ihm kommt und wann er bleibt, hilft, Verhaltensmuster zu erkennen. So kann der Händler seine Maßnahmen in Echtzeit anpassen und die Ressourcen effizienter für den Erfolg einsetzen.

Die Rolle des Handels verstehen

Der Handel online und offline lebt vom Konsumenten, von seinem Besuch, seinen Bedürfnissen und seiner Kauffreude. Der Handel darf sich aber aus meiner Sicht nicht zum Bestellungsgehilfen degradieren lassen, sondern kann sich neu positionieren durch Wissen & Service. Und beim Service spreche ich nicht von Einzel-Kanal-Optionen, sondern von einem vernetzten Denken für ein spannendes Einkaufserlebnis mit nützlichen Mehrwerten. Denn Einkaufen ist mittlerweile eine Freizeitbeschäftigung mit Freunden geworden und der Wunsch nach Entertainment und Convenience im Kaufprozess steigt. Neben gelernten Services geht es natürlich auch um Services, die online und offline miteinander verknüpfen sowie solche, die ganz neu denken. Nur ein Beispiel für eine Verknüpfung von online mit offline aus unserer Studie: Rund ein Drittel (32 %) würden Produktbewertungen anderer Kunden an einem Terminal im Geschäft abrufen, wenn dieser Service vor Ort verfügbar wäre. (Quelle: STEIN Omnishopper-Studie)

Beim Wissen meine ich nicht nur das Produktwissen, sondern auch das Wissen des Händlers über seine Kunden. Für das stationäre Geschäft wird es immer wichtiger, seine Kunden zu kennen und ihnen genau das zu bieten, was sie sich wünschen. Diese Wünsche können lokal stark abweichen, sodass das Sortiment der gleichen Handelskette durch den jeweiligen Händler schon innerhalb der gleichen Stadt ganz anders ausgesteuert werden sollte. Der Kunde erwartet auch liebgewonnene Einkaufsgewohnheiten aus dem Onlinehandel im stationären Handel wiederzuentdecken und umgekehrt. Unser neuer Service MeetInstore ist eine der Ideen, die genau dies realisieren.

Unsere Empfehlung: Um sich die Loyalität des Shoppers zu sichern – auf dem Weg zu einer einzelnen Kaufentscheidung ebenso, wie auf lange Sicht – ist es also wichtig, die gewohnten Bahnen zu verlassen, und genau hinzuschauen, was der Shopper braucht. Wenn der Shopper (fast) alle seine Bedürfnisse entlang der Journey befriedigt sieht, hat er keinen Grund, woanders zu kaufen. Die Umsetzung sollte allerdings immer in einem genau geplanten Prozess erfolgen.

Die Entwicklung des POS beobachten

Mit der fortschreitenden Digitalisierung des Handels, der Industrie und des Kunden steigt die Erwartungshaltung auf allen Ebenen. Wenn ein Angebot verfügbar ist, es als sinnvoll erachtet wird und unkompliziert zu bedienen, sieht der Shopper schnell die Vorteile und nutzt es. Mobile Bezahllösungen, eine virtuelle Anprobe oder simple Verkäufer mit Unterstützung von Tablets sind dabei nur die Spitze des Eisbergs.

Unsere Studie zusammen mit dem EHI Retail Institut hat gezeigt, dass Einkaufen nicht nur der reinen Bedarfsdeckung dient, sondern auch als Freizeitbeschäftigung angesehen wird. Das bedeutet, die Konsumenten wollen sich am POS wohlfühlen, etwas erleben und mit Freunden gemeinsam Spaß haben. Mehr als die Hälfte der befragten Verbraucher gibt zudem an, dass das Shoppen für sie als eine Unternehmung mit Freunden zur Freizeitgestaltung zählt. Spontane Impulse und die Lust, etwas zu kaufen, sind wesentliche Treiber, wenn es um den Kaufentscheid geht. So ist das Einkaufen nicht mehr ein Punkt auf der To-do-Liste, sondern wird ein Teil der eigenen Lebenswelt und des persönlichen Lifestyles. Und der Handel ist somit nicht mehr nur Einkaufsstätte oder Point of Sale (POS), er wird zu einem Ort, der eine Erlebniswelt bietet und fester Bestandteil des Lebens ist.

Mein Fazit

Der stationäre Handel ist kein Auslaufmodell. Er muss sich nur verändern. Viele Händler sind dabei aber nicht kreativ genug, sie kopieren Services und Ideen, ohne sich wirklich mit der Shopper Journey auseinander gesetzt zu haben. Danach ist das Staunen groß, warum dies oder jenes nicht funktioniert.  Ziel sollte also der Fokus auf eigene Mehrwerte für die Kunden sein – und damit ist auf keinen Fall der Preis gemeint.